Chefnotiz am Dienstag 03.03.2015

Erdbebengefahr: Gasfeld Groningen lässt Gaspreise steigen.

Trotz Ukraine-Krise ist der Gaspreis im letzten dreiviertel Jahr deutlich gefallen. Im Sommer 2014 lag er bei 25 Euro je Megawattstunde, Ende des Jahres nur noch bei 20 €/Mwh. Nun zeigen sich wieder Aufwärtsbewegungen. Grund dafür ist eine Verknappung des Angebots. Denn der größte Gasproduzent Europas – die Niederlande – hat ein Problem. Die Gasförderung hat nämlich Nebenwirkungen: Erdbeben, die eine Stärke von bis zu 3,2 auf der Richterskala erreichen können. Die Anwohner rund um das Gasfeld in der Provinz Groningen sind die Leidtragenden. Insgesamt 25.000 Bürger meldeten Schäden, 50.000 Wohnungen mussten verstärkt werden und 24 historische Kirchen sind betroffen. Mit der Zeit sind die Probleme immer gravierender geworden. Mitte der achtziger Jahre belief sich die Zahl der Erdbeben auf zehn bis zwanzig pro Jahr, mittlerweile sind es an die 100.
Um die Lage zu entschärfen, gibt es nur eine Lösung: Eine Absenkung der Fördermengen. 30 Milliarden Kubikmeter pro Jahr sollen laut Experten vertretbar sein. Wirtschaftsminister Henk Kamp hält dagegen. Der Mann hat gute Gründe. Lieferverträge müssen eingehalten werden und dem Staatshaushalt drohen Milliardenverluste. Kamp forderte zunächst eine Gesamtmenge von 39,5 Milliarden Kubikmeter Gas, was immerhin sieben Prozent weniger wären als im Vorjahr. Erneute Beben haben ihn jedoch umgestimmt. Im ersten Halbjahr 2015 werden wohl nur 16,5 Milliarden Kubikmeter gefördert.
Langfristig müssen also Alternativen her. Dass neue Wege gefunden werden, ist dabei nicht nur im Interesse der Niederländer. Auch die restliche EU würde profitieren. Nach wie vor gilt es, die Abhängigkeit von Gaslieferant Russland zu reduzieren. Weiterhin niedrige Gaspreise sind natürlich auch ein guter Grund.
In den Niederlanden selbst ist das Thema Fracking schon im Raum. Allerdings gehört unser Nachbar zu den am dichtesten besiedelten Flächenstaaten der Welt. Im Zweifel würde man das Problem mit den Beben nur an einen anderen Ort verlagern. Verstärkter Import von Flüssiggas (LNG) wäre eine andere Möglichkeit. Hier ist E.ON bereits aktiv geworden.  Im letzten Monat unterzeichnete der Energiekonzern zwei Verträge mit einer Laufzeit von 20 Jahren über den Import von LNG aus den USA. Mit der japanischen Reederei MOL wurden zudem Vereinbarungen über die  Lieferungen von bis zu zwei LNG-Tankern getroffen. Damit ist den Niederländern natürlich nur bedingt geholfen, dafür aber dem Rest Europas.