Chefnotiz am Dienstag 10.03.2015

Kein Netzausbau wegen Finanzkrise?

Die Bundesnetzagentur wird den Garantiezins für Netzbetreiber im kommenden Jahr senken, heißt es im Magazin Wirtschaftswoche.  9,05 Prozent Eigenkapitalrendite auf Investitionen in Neuanlagen und 7,41 Prozent auf Investitionen in Altanlagen – das galt seit 2011. Eine Anpassung an die Entwicklung am Finanzmarkt wird jedoch nicht ausbleiben. Dort ist die Lage deutlich schlechter. Gerade einmal 0,3 Prozent Zinsen gibt es auf zehnjährige Bundesanleihen. Zum Vergleich: 2011, bei der letzten Festlegung der Eigenkapitalrendite, bekam man für die gleichen Bundesanleihen noch 3 Prozent.
Was bedeutet das für die Netzbetreiber? Was für die Energiewende? Was für die Stromverbraucher?
Dass sich die Lage für die Netzbetreiber verschlechtert, dürfte klar sein. Zudem sind das keine guten Nachrichten für die Energiewende, respektive den Netzausbau. Bei sinkender Rendite wird die Investitionsbereitschaft abnehmen. Dabei wäre viel zu tun. Schätzungen der Netzbetreiber zufolge müssen gut 3300 km an Leitungen neu gebaut und rund  3750 km nachgerüstet werden. Kosten: 22 Milliarden Euro.
Lediglich die Stromverbraucher werden vom sinkenden Eigenkapitalzinssatz profitieren, denn die Verbraucher finanzieren den Zins. Allerdings: Geht der Ausbau der Erneuerbaren weiter wie geplant, dürfte die Freude darüber bald vergehen. Die Verzögerungen im Netzausbau gefährden nicht nur die Versorgungssicherheit. Zudem verteuern fehlende Netze den Strom an anderer Stelle. Stichwort „Kapazitätsprämie“, also Zahlungen an Gas- und Kohlekraftwerksbetreiber für das Bereitstellen von Erzeugungskapazitäten, die die Netzstabilität gewährleisten sollen.
Die Situation ist denkbar verfahren. Möglicher Lösungsansatz  könnte die Idee von Michael Vassiliadis sein. Der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bergbau Chemie Energie (IG BCE) forderte bei einem Gewerkschaftstreffen in Haltern, die Energiewende „europäisch zu denken“.  Sonnenenergie solle im Süden, Windenergie an den Küsten Europas gewonnen werden. Zusammen mit einem europaweiten Ausbau der Netze ließe sich die Energiewende wesentlich effizienter gestalten, so seine Hoffnung.