Chefnotiz am Mittwoch 22.10.2014

Ölkrieg? USA preisen Russland aus Markt

Weltweit steigt die Rohölproduktion, aber die Nachfrage ist schwach. Fallende Preise sind die logische Konsequenz. Soweit so gut? Nein. Interessant wird die Angelegenheit mit Blick darauf, welche Bedeutung der Ölpreis für die jeweils produzierenden Länder hat.

So finanziert sich der russische Staatshaushalt zu fünfzig Prozent über Einnahmen aus dem Ölexport. Damit der Haushalt ausgeglichen bleibt, darf der Preis ein gewisses Niveau nicht unterschreiten. 105 US-Dollar je Barrel im Schnitt, heißt es in einer Studie des Finanzdienstleisters Citigroup. Das russische Finanzministerium ist etwas optimistischer. Es reiche, wenn Brent ein Niveau von mindestens 96 US-Dollar hält – an der Nordseesorte orientiert sich das russische Referenzöl „Urals“.

Doch sowohl Brent als auch die amerikanische Sorte WTI (West Texas Intermediate) liegen deutlich darunter. Brent fiel seit Juni von 115 Dollar je Barrel auf bis zu 87 Dollar. WTI kostet aktuell ungefähr   85 Dollar/Barrel – der Monatsschlusskurs im Juni lag noch bei gut 105  Dollar.

Eigentlich sollte man erwarten, dass die ölfördernden Länder ihre Produktion drosseln. Das Gegenteil ist der Fall.  Besonders auffällig in dem Geschehen ist die Rolle der USA. Das US-Energieministerium verkündete diesen Monat, die Rohölproduktion sei auf 8, 88 Mio. Barrel/Tag gestiegen. Damit verzeichnen die Staaten das höchste Niveau seit März 1986. Zwar liegt der durchschnittliche Förderpreis in den Vereinigten Staaten ebenso wie in Russland bei 76 bis 77 Dollar. Nur ist der amerikanische Haushalt bei weitem nicht so abhängig von diesem Geschäft.

Insofern ist die Vermutung nicht abwegig: Die USA versuchen Russland mit billigem Öl unter Druck zu setzen. Das Manöver kommt zu einem delikaten Moment. Zeitgleich kämpft Präsident Putin mit Sanktionen aus dem Westen. Der Doppelbeschuss dürfte bald Wirkung zeigen.