Chefnotiz am Mittwoch 17.09.2014

Bald kein Problem mehr? Versalzenes Trinkwasser

Die Versalzung von Trinkwasser lässt sich weltweit beobachten. In Fachkreisen nennt man das Problem Intrusion. Der Grund: Wird mehr Süßwasser entnommen, als sich nachbildet, mischen sich Süß- und Salzwasser – sonst durch unterschiedliche Dichte voneinander getrennt. Auch Deutschland ist betroffen, besonders der Norden. Hier rührt das Salzwasser von Salzstöcken im Boden. In anderen Ländern wie Bangladesch ist der Anstieg des Meeresspiegels Ursache. Das Meerwasser drückt unterirdisch ins Land hinein.  

Am Massachusetts Institute of Technology (MIT) sucht man deshalb nach einer Lösung. Das Ergebnis dürfte sogar Umweltfreunden gefallen: Eine Desalinierungs-Anlage, betrieben mit Solarkraft. Die federführenden Forscher des MIT, Natasha Wright und Amos Winter, sind für ihre Studie nach Indien aufgebrochen. Dort drängt das Problem der Intrusion besonders – 60 Prozent des Wassers sind versalzen. Zwar ist der Salzgehalt mit 500 bis 3.000 Milligramm pro Liter relativ gering. Zum Vergleich: In Meerwasser beträgt er ungefähr 35.000 mg/L.  Allerdings ist nicht nur der Geschmack unangenehm. Auf lange Sicht ist der Verzehr leicht versalzenen Wassers – wenngleich nicht direkt tödlich – so doch aber gesundheitsschädlich.

Große Teile der betroffenen Regionen sind ohne Stromversorgung. Daher kommen herkömmliche Umkehrosmoseanlagen zur Entsalzung nicht in Frage. Wright und Winter suchten also nach anderen Methoden. Dabei stießen sie auf die Elektrolyse-Technologie. Das Prinzip der Elektrolyse ist schon seit gut 200 Jahren bekannt. Dazu braucht man: Zwei Elektroden – die positiv geladene Anode, die negativ geladene Kathode. Und eine stromleitende Flüssigkeit, Elektrolyt genannt. In diesem Fall das versalzene Wasser. Im gelösten Zustand besteht das Salz aus positiv und negativ geladenen Ionen. Durch das Anlegen von Spannung  wandern die Ionen an die jeweils entgegengesetzt geladene Elektrode. Heißt: Die negativ geladenen Ionen zur Anode und die positiv geladenen Ionen zur Kathode.  Der Trick des MIT besteht darin, dass das Wasser fließt. Während die Salz-Ionen herausgezogen werden, bleibt im Zentrum des Wasserstroms gereinigtes Wasser zurück. Mit Hilfe von Membranen trennt man diesen Teil vom restlichen Wasser, das zunehmend salziger wird.

Der Vorteil gegenüber Umkehrosmoseanlagen: Die – sehr teuren – Membranen lassen sich ganz einfach reinigen, nämlich durch eine Polumkehr. Dadurch steigt deren  Haltbarkeit und die Instandhaltungskosten sinken. Zudem ist diese Methode deutlich effizienter. Bis zu 90 Prozent des versalzenen Wassers lassen sich wieder nutzbar machen.  Umkehrosmoseanlagen schaffen nur zwischen 40 und 60 Prozent. Auch benötigt eine Elektrolyse-Anlage nur die Hälfte an Energie. Weitere Pluspunkte: Schon mit einer ganz einfachen Anlage lässt sich eine Ortschaft mit 2000 bis 5000 Bewohnern versorgen. Im großen Maßstab genutzt, ließen sich laut Hochrechnung der Forscher die Wasservorräte Indiens verdoppeln. Bis es soweit ist, muss das Pilotprojekt erst einmal erfolgreich durchgeführt werden. Dieses startet im kommenden Januar. 

Klingt alles sehr vielversprechend. Allein schon, weil sich wieder zeigt: Statt in Manier der Grünen nach Ressourcen-Schonung oder Verzicht zu rufen, kann man auch nach echten Lösungen suchen.