Das weltweit leistungsstärkste HGÜ-Kabelsystem
Deutschland braucht neue und bessere Stromtrassen. Der Durchbruch des Technologiekonzerns ABB kommt da zur rechten Zeit. Gemeinsam mit dem Kunststoffhersteller Borealis hat ABB ein HGÜ-Kabelsystem entwickelt. Das Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungs-Kabel mit einer Nennleistung von bis zu 2.600 Megawatt (MW) verfügt über eine Spannung von 525 Kilovolt (kV). Zum Vergleich: Herkömmliche Kabel erreichen nur 320 kV, somit wurde eine Steigerung um 64 Prozent erreicht. Dank der Innovation von ABB lässt sich die bisherige Übertragungskapazität verdoppeln.
Auch die Übertragungsdistanz steigt – von unter 1.000 auf jetzt über 1.500 Kilometer. Bei dieser Entfernung liegen die Übertragungsverluste bei unter fünf Prozent. Gleichzeitig reduziert sich das Gewicht je installiertes Megawatt (MW). Außerdem sinken Investitions- und Betriebskosten. Das Kabel basiert auf einem Isoliermaterial aus vernetztem Polyethylen und kann zu Land wie unter Wasser zum Einsatz kommen. Besonders erfreulich: Auch bei sehr hohen Gleichspannungen besteht nun die Option der Teilverkabelung, etwa in dicht besiedelten oder ökologisch sensiblen Gebieten. Das sei ein wichtiger Faktor für die termingerechte Umsetzung, so ABB. Tatsächlich – die Zeit drängt. Damit die Energiewende gelingt, müssen 4.400 Kilometer Stromnetz verstärkt oder verbessert werden. Auf mehr als der Hälfte der Strecke soll die Gleichstromtechnik zum Einsatz kommen.
Zum Hintergrund: Bislang floß durch Deutschlands Stromnetz nur Wechselstrom. Dass die HGÜ-Technologie in das Visier der Planer geraten ist, hat gute Gründe. Gleichstromkabel sind besonders geeignet, wenn Strom große Entfernungen zurücklegen muss. Optimal für die Erzeugungsstrukturen, die die Erneuerbaren mit sich bringen. Schließlich soll Windstrom vom Norden in den Süden und Sonnenstrom vom Süden in den Norden gelangen. Obendrein lässt sich mit HGÜ-Kabeln Strom in beide Richtungen verschicken. Anders als herkömmliche Leitungen fassen sie die doppelte Strommenge und das mit bis zu 50% weniger Übertragungsverlust. Weitere Vorteile: Ein HGÜ-Netz kann auf bereits bestehende Trassen gelegt werden, langwierige Genehmigungsverfahren würden entfallen.
Das neue Kabelsystem von ABB ist – zusammen mit Endverschluss und Kabelmuffen – erfolgreich getestet, es dürfte also wirklich eine Zukunft haben. Vorausgesetzt, die Verantwortlichen können sich endlich zu einer konkreten Umsetzung der Ausbaupläne durchringen.