Chefnotiz am Dienstag 03.02.2015

Kein Hartz IV für Kraftwerke. Oder doch?

„Kein Hartz IV für Kraftwerke“, so die Worte von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel. Er meint damit die Einführung eines Kapazitätsmarktes. Also Zahlungen an Betreiber konventioneller Kraftwerke für das Bereitstellen von Reserveleistung. Wird sich Gabriel damit durchsetzen können? Hier die wichtigsten Gründe dagegen:
1.    Ohne konventionelle Kraftwerke ist die Stromversorgung gefährdet. Nur mit ihnen lassen sich die unsteten Produktionsmengen der Erneuerbaren ausgleichen. Aber: Je mehr Ökostrom in die Netze drängt, desto unwirtschaftlicher deren Betrieb. Will man verhindern, dass Gas- und Kohlekraftwerke aus dem Markt gedrängt werden, muss man für Anreize sorgen. Kurzum – einen Kapazitätsmarkt errichten.
2.    Brüssel macht den Kapazitätsmarkt gerade salonfähig. Im Sommer 2014 genehmigte die EU-Kommission einen solchen für Großbritannien. Auch in Polen, Frankreich und Belgien sind ähnliche Maßnahmen in Planung.
3.    Dass das so ist, hat Deutschland im Übrigen mit verursacht. Denn wir sind nicht etwa eine einsame „Strominsel“, sondern über Koppelstellen mit sämtlichen Nachbarländern verbunden. Gerade bei hohem Wind- oder Sonnenaufkommen fließen enorme Mengen an Ökostrom  über die Grenzen. Was dort ebenso zu sinkenden Strompreisen führt. Und demzufolge zu demselben Problem wie hier – konventionelle Kraftwerke werden unrentabel. Das ist für deren Betreiber noch aus einem weiteren Grund schlecht.  Diese sind auch perspektivisch auf Planungssicherheit angewiesen. Die Energiewende, und damit ein absehbares Aus für Gas- und Kohle, gibt es schließlich nur hier.  
Eine Hoffnung bleibt – dass sich der Streit um den Netzausbau zügig beilegen lässt. Es existiere nämlich „kein Kapazitäts-, sondern ein Transportproblem“, heißt es in einer Stellungnahme des Übertragungsnetzbetreibers 50Hertz. Mit anderen Worten ließe sich durch den Bau neuer Stromtrassen der Kapazitätsmarkt verhindern. So oder so steht eins fest: Die Kosten trägt der Stromkunde.